Doch das ist alles andere als einfach, und vor allem bedarf es eines Umdenkens seitens der Unternehmen.

three men laughing while looking in the laptop inside room
Foto von Priscilla Du Preez

Die Schere klafft weit auseinander Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, beobachtet seit etwa 15 Jahren eine fatale Entwicklung: In den ersten Jahrzehnten der so genannten Gastarbeiterzuwanderung seien die ausländischen Arbeiter ein Nettogewinn für die Sozialkassen gewesen. "Inzwischen", so der Demographie-Experte, "hat sich dies ins Gegenteil verkehrt. Migranten sind heute überproportional an Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe beteiligt, zumeist, weil sie schlecht ausgebildet sind." Die Schere klafft also immer weiter auseinander. Die Unternehmen jedoch benötigen dringend qualifizierte Arbeitskräfte, die der deutsche Arbeitsmarkt angesichts der demographischen Entwicklung bald nicht mehr hergibt. Nicht genug damit, betrachten viele Führungskräfte den Migrationshintergrund von Mitarbeitern eher als vermeintliches Defizit und nicht als potenziellen Vorteil. Das ergab eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zum Thema "Interkulturelle Kompetenzen junger Fachkräfte mit Migrationshintergrund". Diese Haltung bleibe nicht ohne Auswirkungen auf die Betroffenen, die deshalb in ihren Bewerbungen immer seltener auf ihre interkulturellen Kompetenzen hinweisen. So beraube sich die Wirtschaft selbst des Nutzens, den der zielgerichtete Einsatz von Mitarbeitern aus anderen Ländern mit sich bringen könne.

Potenziale werden übersehen

 

"Je exotischer die Länder", sagt Holger Weiser, "desto unbekannter sind meist auch die Kulturen und damit auch die Regeln für eine erfolgreiche wirtschaftliche Tätigkeit." Wohl dem also, weiß der Leiter Central Human Resources Management der CSC Ploenzke AG in Wiesbaden, der sich in einem solchen Fall auf Mitarbeiter verlassen kann, die die Sprache des Landes sprechen und mit der fremden Kultur vertraut sind. Aus diesem Grund führt kein Weg an ihm vorbei, wenn es darum geht, einen Auftrag für das international tätige IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen zu akquirieren und das geeignete Team ausfindig zu machen, das diesen Auftrag betreut. Immer wieder, betont Weiser, habe sich gezeigt, wie hilfreich der Einsatz hoch qualifizierter Fachkräfte mit einem entsprechenden Migrationshintergrund sei. Grundlage des Erfolgs sei in erster Linie natürlich die fachliche Qualifikation. "Darüber hinaus", fährt der Personalchef fort, "beherrschen die Mitarbeiter durch Sprache, Erfahrung und ihre kulturelle Affinität das Kundenmanagement weitaus besser als wir Deutschen." So werde Vertrauen aufgebaut, die Basis langfristiger wirtschaftlicher Beziehungen. Lediglich etwa drei bis fünf Prozent der rund 4.000 deutschen Mitarbeiter des Wiesbadener Systemhauses haben einen Migrationshintergrund. "Viele von ihnen",so Holger Weiser, "haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, so dass es sehr schwer ist, mit dem Begriff des Ausländers zu operieren." Dennoch kann der Personalchef rasch entscheiden, wer der möglicherweise geeignete Mitarbeiter für einen neuen Auftrag im Ausland sein könnte. Eine interne Skills-Datenbank gibt Rat. Neben den formalen Skills, die sämtliche Qualifikationen der Mitarbeiter bis hin zu den Sprachkenntnissen abdecken, sind hier diverse Erfahrungen in bestimmten fachlichen Themenstellungen aufgelistet.

Landeskenntnis ist ein großes Plus

 

Weiser erläutert: "In Rumänien beispielsweise gelang es unseren Teammitgliedern rumänischer Herkunft, eine Ausnahmeregelung zu bekommen, um drei Jahre am Stück bei unserem Kunden zu arbeiten, obwohl die Arbeitserlaubnis maximal nur für ein Jahr erteilt wird. "Leute mit Landeskenntnis", weiß der Wiesbadener, "bewegen sich dort natürlich wie der Fisch im Wasser. Sie wissen, wie man mit den Behörden verhandelt und die Klippen der jeweiligen Bürokratie umschifft." Trotz der Vorteile, die das Unternehmen bereits seit geraumer Zeit durch den Einsatz von Fachkräften mit Migrationshintergrund nutzt, gesteht Weiser selbstkritisch, dass die Entwicklung dieses Potenzials noch nicht systematisch betrieben werde. "Unsere Arbeit im Diversity Management", sagt er, "hat gerade erst begonnen."